An(ge)dacht
Brunnengeschichten
»Guten Tag«, sagte der kleine Prinz. »Guten Tag«, sagte der Händler.
Es war ein Händler, der durststillende Pillen verkaufte.
Man schluckt eine Pille pro Woche und hat kein Bedürfnis mehr zu trinken.
»Warum verkaufst du das?«, sagte der kleine Prinz.
»Das bringt eine große Zeitersparnis«, sagte der Händler.
»Experten haben dies berechnet. Man kann dreiundfünfzig Minuten pro Woche einsparen.«
»Und was macht man mit diesen dreiundfünfzig Minuten?«
»Man macht damit, was man will …«
»Ich würde«, sagte der kleine Prinz, »wenn ich mir dreiundfünfzig Minuten erspart hätte,
gemütlich zu einem Brunnen gehen …«
(A. de Saint-Exupéry, Der kleine Prinz)
Abb.: Dorfbrunnen im Rhone-Tal in Frankreich
Der Kirchenvater Origenes schreibt im zweiten Jahrhundert in einem Kommentar
über das 1. Buch Mose: in jedem von uns liegt ein Brunnen lebendigen Wassers,
den wir wie ein verborgenes Abbild Gottes in uns tragen.
Nur haben widrige Mächte diesen Brunnen mit Erde zugeschüttet.
Jetzt aber kommt der Brunnengräber und wir wollen ihn bei uns
aufnehmen; wir wollen unsere Brunnen freilegen und die Erde aus ihnen herausschaufeln.
Dann werden wir in ihnen lebendiges Wasser finden,
wie Christus sagt: Wer an mich glaubt, aus dessen Innerem werden Ströme
lebendigen Wassers fließen.
Abb.: Tahana Wasserfall in Nahal Ayun, Israel